Fenster zum Hof

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Foto: Uta Lösken

Fenster zum Hof. Schwere Gardinen verhindern den Durchblick in die Hitze des Mittags. Verwehren den Ausblick in die flirrenden Farben des Sommers.

Erst am Abend, wenn die Dämmerung vor neugierigen Blicken schützt und die Luft abkühlt, sind die Flügel der Fenster weit geöffnet. Die Vorhänge zurückgezogen. Die roten und blauen Läden laden ein, hinaus – und hineinzuschauen. Gedämpftes Gemurmel, Sprachfetzen dringen aus den Kammern in den Hof. Streit, Versöhnung, Begegnung. Das Klappern des Geschirrs verfängt sich, Duft von gebackenem Brot verströmt sich im Innenhof. Gläser klirren, Menschen lachen laut auf. Die Geräusche werden zwischen den Mauern hin und her geworfen. Gleich den Mauerseglern, die um die Hausecken stürzen.  Sie gleiten hinauf und hinab. Ihr schriller Schrei gehört zum Sommer in der Stadt wie das Eisessen und seidige Spagettiträger auf brauner Haut. Pfeilschnell rasen sie durch die Häuserschluchten. Um Mitternacht ertönen zarte Melodien eines Klaviers ins fliehende Blau  der Nacht. Piano, forte, fortissimo. Hier und da huscht ein heller Schein über die Zimmerdecke vom Flackern der Kerzen. Jene Windlichter, die im Hof auf den Tischen stehen.

Stimmen dringen wie von weit her zu uns hinauf. In der Nacht haben Worte einen besonderen Klang, leise, gedämpft, zärtlich. Voller Ahnungen, voller Versprechungen. Die Luft vibriert. Erzählt Geschichten. Dort drüben Gesang, vis a vis ein wimmerndes Weinen. Leben mit all seinen Höhen und Tiefen. Melancholie und Jubel, Tief-und Leichtsinn. Fenster an Fenster, Raum an Raum zu ein und derselben Zeit.

 

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