Bild der Jahre

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Jeder Anfang ist

ein feiner Fluss der Farben. Ein Tasten, Staunen, ein leichtes Spiel in unschuldsreinem Weiß. Lichtes Wasser perlt offen. Kaum Konturen, wenig Spuren. Der junge Tag legt Farbnuancen auf. Unermüdlich. Im Bild der Jahre blühen Form und Farben, vom heitren Pastell bis zum kräftigen Ton. Farben der Erfahrungen zeichnen ihre Spuren, lassen den Entwurf sichtbar werden. Schicht für Schicht wächst im Wandel. Monate, Jahre, jahrzehntelang. Ein Wunder der Veränderung. Du bist der Schöpfer deines Opus, deines Lebensbildes. Farbspiel in rot oder blau, laut oder leise, grell oder zart, dunkel oder hell, kalt oder warm. Formen, die scharfe Konturen schaffen, mit Ecken und Kanten oder doch sich im Runden harmonisch fügen. Deine ganz eigene Komposition, Sinfonie in Dur oder Moll. Das Bild ist fertig, die Parabel erzählt. Späte Veränderungen gelingen nur mühevoll. Die Spuren eingegraben, die Farben fest. Die Schatten tief, das Helle beständig. Dein Blick, dein Herz, die Seele erschufen dein Kunstwerk. Dein Spiegelbild? Im letzten Licht des Lebensabends legst du kraftlos das restliche Bunt auf. Zart wie der Beginn das Ende. Der Kreis schließt sich in der Vollendung deines Meisterstücks.

Lass das Tuschemeer fließen, ja, fluten. Lass die Farben branden! Am Ende der Zeit offenbart sich dein Sein in einer Kalligrafie der Tusche. Einer Explosion facettenreicher Farben.

Ein Bild des Grauens ist das Gemälde in grau. Gemalt in einem trüben Ton. Verpasst der Schwung der farbenfrohen Skizzen, verfehlt der Rausch des Regenbogens. Selbst die Vollendung birgt Gefahr. Das Ende, welches Veränderung vermeidet, gebiert den Exitus. In den Rahmen gepresst und sorgsam konserviert, geht dem Kunstwerk der Atem aus, bis es vom Staub bedeckt starr erstickt. Dasein wird zum todernsten Abschied im Leben, vom Leben.

Lebendigkeit lässt sich nicht festhalten. Ebenso wie die Liebe, die Wellen, die Wolken, der Wind. Festhalten, einmauern, umzäunen ist nahender Tod, ist

der Anfang vom Ende.

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